
Dieses Buch ist alles Andere als leidenschaftlich, romantisch und schön. Ich war auch ein wenig skeptisch, ob ich es wirklich lesen sollte, da Thriller im Grunde nicht mein Genre sind und das auch das erste Buch von Colleen Hoover ist, was so ganz anders, als all ihre Bücher davor sind. Zum ersten Mal also war ich sowohl sehr gierig auf das Buch, als auch ein wenig abgeschreckt, ob ich mir das wirklich antun sollte und mir die Schriftstellerin dadurch verderben sollte. Ich habs am Ende doch gewagt ins kalte Wasser zu springen und ich muss sagen, dass ich es kein Stück bereut habe. Es war nicht nur so, dass ich so meine ersten positiven Erfahrungen im Bereich Thriller machen konnte, es war für mich schlichtweg das beste Buch, was ich von Colleen Hoover bis jetzt lesen durfte.
Und eine Warnung im Voraus: diese Rezension enthält Spoiler! Denn ohne Spoiler wird es mir wohl kaum möglich sein über das Buch zu schreiben. Wer das Buch also noch nicht gelesen hat, sollte am Besten jetzt aufhören und meiner Empfehlung folgen es sich zu holen und zu lesen!
Inhalt
Die Jungautorin Lowen Ashleigh bekommt ein Angebot, das sie unmöglich ablehnen kann: Sie soll die gefeierten Psychothriller von Starautorin Verity Crawford zu Ende schreiben. Diese ist seit einem Autounfall, der unmittelbar auf denTod ihrer beiden Töchter folgte, nicht mehr ansprechbar und ein dauerhafter Pflegefall.
Lowen akzeptiert – auch, weil sie sich zu Veritys Ehemann Jeremy hingezogen fühlt. Während ihrer Recherchen im Haus der Crawfords findet sie Veritys Tagebuch und darin offenbart sich Lowen Schreckliches …
Meinung
Als ich anfing dieses Buch zu lesen, war ich von Skepsis und gleichzeitig Aufregung erfüllt. In den ersten Seiten lernt man den Charakter Lowen sehr gut kennen. Ich empfand für Lowen leider von Anfang bis zum Ende hin sehr wenig Sympathie. Irgendwie wirkte sie auf mich sehr charakterschwach und wie ein Mensch, der nicht für sich selbst einstehen kann. Also alles andere als eine Kämpferfrau. Deswegen war ich umso mehr über die Wandlung, die sie dann gegen Ende des Buches vollführt hat fast schon verwundert, so dass mich das Gefühl nicht loslies, dass mit ihr etwas nicht stimmen musste. Ein Einzelgänger mit wenig Freunden, ein Soziophob wie sie sich selbst bezeichnet, ein Mensch, der seit einem halben Jahr das Haus nicht verlassen hat, weil sie sich um ihre kranke Mutter seit einem Jahr kümmert, die jedoch an ihrer Störung schuld ist und wegen der Pflege ihrer Mutter nicht zum Schreiben kommt. Auch da war die Mutter der Sündenbock. Ein Mensch, der es schafft bei dem ersten Ausflug nach draußen sich in den erst Besten zu verschauen, der ihr ein wenig Hilfsbereitschaft entgegen bringt, obwohl sie so eine Scheu vor Menschen hat, ihr jedoch nichts besseres in den Sinn kommt, als sich nach seinem Wohlbefinden und seiner Geschichte zu fragen. Ein Mensch, der dem Ex ankreidet, dass er sich nicht sofort nach ihrer Mutter erkundigt, obwohl sie erleichtert ist, dass sie tot ist. Ein Mensch, der anderen Menschen Sachen sagt, von denen sie ausgeht, dass diese Menschen sie hören wollen.
Vielleicht lag es aber auch an dem sehr starkem Einstieg in das Buch. Es wird in der 3. Person geschrieben. Schon in den ersten Seiten wird Lowen in einen Autounfall verwickelt und trifft auf den hilfsbereiten Jeremy, der später ihr Auftraggeber wird, als sie dann bei dem vereinbarten Meeting mit ihrem Agenten ankommt. Lowen soll die Buchreihe der erfolgreichen Schriftstellerin und Ehefrau von Jeremy, nämlich Verity für sie beenden, da Verity bei einem Autounfall ins Koma gefallen ist. Ihr wird dafür sehr viel Geld geboten, doch zunächst geht sie nicht darauf ein. Schließlich geht sie auf den Deal, Dank Jeremys Überzeugungskraft ein, möchte jedoch keine öffentlichen Auftritte oder Autogrammstunden geben und sagt zu. Schon in diesem Gespräch fühlt sich Lowen zu Jeremy sehr angezogen.
Als Voraussetzung sollte Lowen in dem Haus von Jeremy und Verity für eine Zeit einziehen, um dort die Notizen und Aufschriebe für einen guten Schluss zusammen zu suchen und ihren Schreibstil oder besser gesagt ihre Gedanken besser zu studieren. Dort fällt ihr ein Manuskript in die Hände, welche die Gedanken und Erlebnisse von Veritys Leben erzählen. Verity erzählt darin alles: vom Kennen lernen ihres Mannes bis hin zu dem Tod ihrer beiden Kinder. Man bekommt immer wieder Einblicke in die Vergangenheit und in die Psyche einer Frau, die offenbar im selben Haus in einer Art Wachkoma liegt, denn das Manuskript wird von Lowen selbst durchgelesen, so dass man als Leser mit liest und automatisch das Gleiche wie Lowen empfindet, nachdem sie dann ein Kapitel nach dem anderen mit Pausen beendet.
Im Manuskript wird die Bessesenheit von Verity gegenüber Jeremy sehr deutlich und in der weiteren Entwicklung der Geschichte scheint diese Bessesenheit auf Lowen immer mehr und mehr abzufärben. Von Verity erfährt man durch das Manuskript sehr viel über sie. So scheint es, dass sie eine Psychopathin und Narzisstin ist, die Jermey vom ersten Treffen an manipuliert hat. Während Lowen das Manuskript mit den bereits erwähnten Pausen liest, passieren dann im Haus seltsame Dinge, die alle mit Veritiy zusammenhängen.
Als Leser wird man in diesem Buch immer wieder in die Psyche eines kranken Menschen hinein gesogen und in der Gegenwart mit kleinen Schockmomenten oder Offenbarungen zur Strecke gebracht. Dieses Buch ist gerade durch den stätigen Wechsel ein auf und ab der Gefühle und ich empfand sehr viel innerhalb weniger Seiten: Schock, Ekel, Lust, Trauer. Es war sehr aufwühlend das Manuskript mitzulesen und gleichzeitig sehr gruslig den Alltag von Lowen mitzuerleben. Ich war die meiste Zeit beim Lesen angespannt, fand die Idee und die Umsetzung mit dem Manuskript einfach großartig und wurde beim Ende des Buches dann völlig aus der Bahn geworfen, so dass ich nicht mehr wusste was ich empfinden sollte. Dieses Buch beschäftigt mich bis jetzt manchmal immer noch, obwohl es jetzt schon fast ein halbes Jahr her ist, seit ich es gelesen habe.
Es bleiben offene Fragen wie: War Verity wirklich die Böse? Warum war es Jeremy wichtig die Reihe von Veritiy durch Lowens Hand zu beenden, obwohl es ihnen doch finanziell richtig gut ging? Warum ist Niemandem aufgefallen, dass Lowen ein ebenso krankhafter Charakter zu sein schien? Warum sollte so eine gute Seele, wie Lowen im ersten Moment erscheint Jeremy dazu anstacheln Veritiy umzubringen, nur weil sie denkt, dass so ein Mensch wie Verity es nicht verdient hat zu leben? Warum schien es kaum Jemanden aufzufallen, dass Lowen Veritys Leben an sich gerissen hat und zum Schluss sich Veritys Charakter in ihr wieder gespiegelt hat? Oftmals kam es mir vor, dass Lowen ganz genau wusste, was sie sagen musste, um die Gefühle von Jeremy für sich zu gewinnen ( Narzissmus ). Zum Schluss ging sie vom gleichen Aspekt aus wie Verity: Papa kümmert sich um die Kinder, während sie schreibt. Obwohl sie ihm gegenüber soviel Mitgefühl gezeigt hat, dass er soviel für die Familie aufgeben musste. Sie selbst denkt, ( Zitat ), dass er eine Frau verdient hätte, für die ihre Liebe zu ihren Kindern an aller erster Stelle steht und schiebt sich gleichzeitig das Kissen zwischen die Beine, damit alles drin bleibt, was Jeremy in ihr hinterlassen hat. Und natürlich war sie schockiert über die Nachricht das sie schwanger ist. Ich weiß wirklich nicht was ich von Lowen halten soll, vor Allem, dass sie zum Schluss Jeremy in Allem sehr zu beeinflussen scheint: Crew geht zum Therapeuten, weil ihr der Therapeut auch sehr geholfen hat, obwohl das wohl etwas zu positiv ausgelegt worden ist.
Fazit
Alles in Allem ist es wirklich ein sehr großartiges Buch, gerade weil es so unschlüssig bleibt. Es ist ein Meisterwerk und eine totale Leseempfehlung.
Eure Julia